Polit-Provinzposse,
aber Lebensschicksal
Auf Anfrage kann eine Fassung dieses Textes, versehen mit den Hinweiszitaten auf die verwendeten Quellen sowie auch die dazu gehörigen Quelltexte selbst, zugesandt werden.
Inhalt
Tabellarischer Zeitablauf der Ereignisse. 5
Die Ereignisabläufe im Detail 6
Das lokale Flechtwerk gegeneinander und miteinander kämpfender Parteien. 6
Wissenschaft und Justiz in der parteipolitischen Zwickmühle. 12
Der Weg zur 1. Suspendierung. 13
Prozess wegen des Verdachts der Urkundenfälschung. 15
Prozess wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 8 Fällen, „Surgibone-Prozess“. 15
Prozess wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung (Mathis-Prozess). 16
Ende der 2. Suspendierung - Rehabilitierung?. 17
Prozess wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Prozess Mathis II). 19
Erfolgreiches „Lücken-Urteil“ ohne Beweispflicht. 20
Das Ende einer Berufskarriere. 23
Epilog, 25
Einleitung
Ich war in eine von außen nicht erkennbare Falle geraten; schon als ich sie zu ahnen begann, war es zu spät, zu spät für meine gesamte Berufskarriere – offenbar gibt es also doch Schicksal:
Von befreundeter Seite wurde mir wiederholt, dringend und drängend nahegelegt, mich doch gegen ein Geflecht polarisierter Interessensgemeinschaften aktiv kämpfend zur Wehr zu setzen. Ich sollte gegen eine Macht kämpfen, die sich letztlich als polit-justizieller Usurpator eines in der Geschichte des Landes immer noch sehr neuen Systems erwies, der Demokratie also. Die politischen Parteien als Repräsentanten sozialer Interessens-gruppen kämpfen darin mit Mitteln um die Macht, die das Bekenntnis zu einem neuen Grundgesetz Lügen strafen, indem sie es umgehen und aushöhlen. Demokratische und rechtsstaatliche Gesinnung predigen sie den Bürgern, sie für sich selbst im Hinterhof der Macht zu praktizieren. Den missbräuchlichen Umgang mit diesen Grundwerten bei der Verwaltung ihrer Gemeinschaft durchschaut man allenfalls dann, wenn man den farbenspielenden Machtkämpfern in die Quere gerät, ein Risiko, das Bürgern in gehobenen Positionen regelmäßig droht, weil dort Verantwortung und Macht, ineinander verzahnt, aneinander geraten.
Dazu muss ich einräumen, dass die Täter, die Bösewichte in dieser Affäre, selbst Opfer waren, denn ohne das zufällige Zusammenspiel von Faktoren auf mehreren Ebenen politischer Machtkämpfe hätten sie ihre beruflichen Mordpläne nicht verwirklichen können.
Um das Verwirrspiel nicht zu wiederholen, indem ich die Leser dieses Textes beim Ver-such, die Zusammenhänge zu verstehen, auf die gleiche jahrelange Spurensuche schicke, wie sie mir widerfahren war, erzähle ich diese Geschichte aus der Perspektive ihres Endes, sozusagen als außenstehender, unbeteiligter Beobachter, der bei allen Geschehnissen anwesend war und deshalb alles von vornherein versteht:
Aus der retrospektiven Gesamtsicht handelt es sich nämlich um eine komplexe Affäre, die auf mehreren Ebenen ablief und eine erhebliche, ja entscheidende Vorgeschichte hatte; von deren Hintergründen und Inhalten erfuhr ich allerdings erst während der Verfahren oder überhaupt erst im Nachhinein:
Zusammenfassung
Kurz zusammengefasst hatten Klinikärzte schon im Vorfeld gedroht, Prof. Auer im Fall seiner Berufung zu attackieren und zu vernichten. Zufällig suchte die Landes-CDU zur Zeit von Auers Berufung nach einer Affäre, um das Kabinett Lafontaine zu destabilisieren und nach Möglichkeit zu ersetzen. Zusätzlich bestanden Rivalitäten innerhalb der Fakultät, die bewirkten, dass Gerüchte, die, von den Ärzten von Auers Klinik bald nach seinem Amtsantritt ausgestreut, von der Direktion des Klinikums ohne weitere Prüfung an die Staatsanwaltschaft (STA) weitergeleitet wurden. Aus der Übersicht der 10 Jahre dauernden Gerichtsverfahren ergibt überdies sich die Annahme, dass es eine Polarisierung zwischen CDU-dominierter Staatsanwaltschaft in einem SPD-regierten Bundesland und einer SPD-unterstellten Polit-Justiz gab. Damit eröffnete sie der Landes-CDU die Möglichkeit, die Angelegenheit als weitere Affäre zu den just zu dieser Zeit bereits laufenden Anti-Lafontaine-Affären auf die höchstmögliche mediale und juristische Ebene zu manövrieren, um öffentlich auszuweiden, dass die Regierung Lafontaine die Kontrolle über ihre Pflichten verloren habe. Die unsachliche Beschuldigung durch die STA verursachte weiteren Druck auf das Kabinett Lafontaine und erzwang damit für die breite Meinung in der Öffentlichkeit die Suspendierung und strafrechtliche Inkriminierung von Prof. Auer. Es folgte eine Serie von Strafprozessen gegen Auer, die sich über ein Jahrzehnt hinzogen, beginnend mit dem Vorwurf von an die 50 Behandlungsfehlern innerhalb weniger Monate, Aktenunterdrückung, Urkundenfälschung, Abrechnungsbetrug und weiteren disziplinären Vergehen. Dabei spiegelt die wiederholte Suspendierung und Wiedereinsetzung von Prof. Auer die Unsicherheit der Regierung, ob es eher opportun schien, Prof. Auer zu stützen, um die Kontrollkompetenz von politischer Partei und Regierung zu demonstrieren, oder ihn als Bauernopfer zu stürzen und damit zu demonstrieren, dass man ohnehin Recht walten lasse. Nach einem ersten Freispruch, Ermahnungen der saarländischen Justiz durch den Bundesgerichtshof (BGH), Zurückweisung von Verurteilungen, Verfahrenseinstellungen in 40 Fällen und Forderungen zur Wiedereinsetzung Auers in den ursprünglichen Beruf gelang zuletzt eine auf Vermutungen basierende groteske Verurteilung mit minimalem Strafmaß von einigen Tagsätzen nach dem Grundsatz: im Zweifel gegen den Angeklagten; eine Verurteilung wegen kriminellen Vergehens ohne Nachweis einer Tat. Diese Verurteilung wegen der Vermutung einer unvollständigen Patientenaufklärung wurde von der saarländischen Disziplinarbehörde dazu verwendet, Prof. Auer aus seiner Beamtenposition “unter besonderem Schutz des Staates” zu entlassen. Diese Instanz stand unter Landeshoheit, das Entlassungs-Urteil war nicht anfechtbar. Die Medien hatten alle Vorverurteilungen ausreichend ausgeweidet, um damit die Berufsmöglichkeiten von Auer als Neurochirurg und Neurowissenschaftler weltweit zu zerstören.
So wurde die „Affäre Auer” zum Spiegel des Zeitgeistes: eine kleine Rotte von Aufrührern hält ein ganzes Bundesland im Schach, indem sie als Denunzianten “Whistle-blower” spielen dürfen, die angebliche Missstände aufdecken, in Wahrheit aber einen Machtkampf gegen ihre eigene Fakultät ausfechten, weil sie nicht ihren Wunschkandidaten als neuen Chef erhielten. Die Politik korrumpiert das eigene demokratische System, indem sie in rivalisierenden Gruppen um die Wahrung ihrer jeweiligen Interessen kämpft, anstatt sich gemeinsam um das Gemeinwohl zu bemühen.
Tabellarischer Zeitablauf der Ereignisse
1990 am 01. April Amtsantritt
14. 10. Beginn des medial ausgelösten Skandals
1991 04. 02. Ärzte werfen ihrem Chef ca. 50 Behandlungsfehler vor
15. 02 Urlaub zur Bearbeitung der Vorwürfe
19. 02. 1. Suspendierung mit Zutrittsverbot
18. 05. Aufhebung des Zutrittsverbots, Beginn des Forschungssemesters
01. 11. Ende der 1. Suspendierung, Wiederbeginn der Tätigkeit in neuer Abteilung der Klinik, „Spezielle Neurochirurgie“
07.11. Anklage wegen Körperverletzung in 8 Fällen („Surgibone-Prozess“)
15. 11. Anklage wegen fahrläss. Tötung (Mathis-Prozess)
15. 11. Beginn der 2. Suspendierung
1993 28. 09. Verurteilung 1 wegen fahrläss. Tötung durch LG Saarbrücken
1994 01 Verwaltungsgericht-Saarland verfügt Weiterführung der Suspendierung
03 Bundesgerichtshof (BGH) hebt Verurteilung 1 wegen fahrläss. Tötung auf und verweist zurück
07 vorläufige Einstellung des Prozesses wegen Aktenunterdrückung
09 Bundesverfassungsgericht hebt 2. Suspendierung auf
09 BGH hebt 2. Suspendierung auf
10 Klinikum versucht, Wiederbeschäftigung zu verhindern
11 Aufhebung der 2. Suspendierung durch Verwaltungsgericht d. Saarlandes
11 Wiederbeginn Prozess wegen fahrläss. Tötung, nun bezeichnet als „vorsätzliche Körperverletzung“
1995 05 Wiederverurteilung wegen vorsätzl. Körperverletzung (Mathis) durch OLG
07 BGH beendet „Surgibone Prozess“ durch erneute Rückverweisung und Aufforderung zur Einstellung
10 BGH bestätigt Verurteilung wegen vorsätzl. Körperverletzung (Mathis)
12 Verfassungsbeschwerde abgelehnt
1996 11 Wiederaufnahmeantrag für Prozess wegen vorsätzl. Körperverletzung (Mathis) abgelehnt
1997 11 Einstellung Zivilklage „Surgibone“
Einstellung aller Verfahren der Staatsanwaltschaft
1998 12 Ablehnung der Verfahrenswiederaufnahme Prozess vorsätzl. Körperverletzung (Mathis) (Antrag vom 11.8.1997)
1999 04 Erneute Ablehnung der Verfahrenswiederaufnahme.
2000 Entlassung aus dem Dienst durch VG d. Saarlandes, Rückstufung der Rentenansprüche auf Assistenten-Niveau.
Die Ereignisabläufe im Detail
Aktivitäten im Vorfeld
Im Laufe des Berufungsverfahrens für die Nachfolge am Lehrstuhl für Neurochirurgie nach Prof. Loew wurde eine Abordnung der Ärzte der Klinik bei der Berufungskommission vorstellig und forderte die Einsetzung ihres Wunschkandidaten; Prof. Auer würden sie nicht akzeptieren und gegebenenfalls zu beseitigen wissen. Als dann dennoch Prof. Auer ernannt wurde, liefen vorbereitende Schritte im Sinne der Androhung an; als ein Zeichen hierfür war im Oktober 1990 fehlgeleitete Fax-Korrespondenz im Sekretariat von Prof. Auer eingelangt: daraus geht hervor, dass einzelne Ärzte versucht hatten, Material gegen Auer zu sammeln. In einem Brief an den auswärtigen Adressaten steht: „Bei uns geht es jetzt los“.
Mit den nachfolgenden Attacken gegen Prof. Auer aus der eigenen Klinik verwirklichten also diese Ärzte ihre Drohung und leiteten damit gleichzeitig einen Machtkampf gegen die eigene Fakultät ein, in dem sie durch die Diskreditierung und Inkriminierung von Prof. Auer ihr Ziel der Beseitigung zu verwirklichen trachteten.
Doch dabei handelte es sich nicht um die einzigen kämpfenden Parteien in dieser „Affäre“:
Das lokale Flechtwerk gegeneinander und miteinander kämpfender Parteien
Auf der Ebene von Klinik und Fakultät handelte es sich um eine zerstrittene neurochirurgische Klinik mit zwei Abteilungen. Der Stereotaktiker, Dr. Ostertag, Oberarzt und C3-Professor, hatte seit Jahren versucht, seine Hausmacht auszubauen, und instrumentalisierte dazu mehrere Mitarbeiter. Man hatte Räume besetzt nach der Art der 68er-Bewegung, als Hippies Häuserbesetzungen veranstalteten, Aktionen, deren formale Streitinhalte mehrere Aktenordner füllten. Ein Mitarbeiter teilte Prof. Auer mit, dass sich der Vorgänger, Prof. Loew, in den letzten Jahren nicht mehr um die Klinik gekümmert habe, mit Ausnahme des Kampfes gegen Ostertag; “Es war eine Klinik der Oberärzte”. Prof. Schnabel berichtete als Zeuge bei Gericht über diese jahrelangen Machtkämpfe.
Als Prof. Auer angesichts einer teils a priori ablehnenden, teils überangepassten Haltung der Ärzte eine betriebspsychologische Beratung einschaltete, lehnten die Ärzte die konstruktive Kooperation ab; der Berater wurde sogar beschimpft und aufgefordert, sich besser nicht mehr blicken zu lassen, obwohl der Wissenschaftsminister die Initiative Auers begrüßte (siehe Bemerkungen weiter unten).
Auf der Fakultätsebene hatte Ostertag versucht, eine unabhängige, zweite Klinik für Neurochirurgie für sich selbst zu erwirken, die Klinik also zu teilen, und hatte dafür eine große Zahl von Unterstützern in der Fakultät gefunden; sein Argument war, dass die Stereotaktische Chirurgie den dominanten Anteil an der Neurochirurgie einzunehmen und die Neurochirurgie somit insgesamt zu übernehmen im Begriff sei. All dies ereignete sich jedoch innerhalb der Homburger Fakultät unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Prof. Auer wusste von alledem nichts, hatte Prof. Ostertag schon eine Reihe von Jahren früher besucht, um eine Methode der stereotaktischen Bestrahlung bei ihm zu studieren, danach, um zu erörtern, wie die Zusammenarbeit im Fall seiner Berufung nach Homburg aussehen könnte. Dabei waren jeweils keinerlei Hinweise auf Konkurrenz oder gar Streit zwischen den Abteilungen gefallen. Als Prof. Auer berufen wurde, stellte er fest, dass Prof. Ostertag inzwischen eine Abteilung in Freiburg übernommen und seine Unterstützer in der Fakultät ratlos zurückgelassen hatte. Später stellte Prof. Auer fest, dass Ostertag im Zuge seiner Übersiedlung hunderte von Krankenakten seiner Patienten aus dem Klinikarchiv entfernt und mitgenommen hatte, eine Tat, die rechtlich einer Veruntreuung und einem Diebstahl gleichkommen. Viele Patienten wollten weiter in Homburg behandelt werden; dies war durch den Verlust der Akten in hohem Maße erschwert. Als Auer den Vorfall meldete, wurde die Sache von Klinikum, Polizei und Staatsanwaltschaft als nicht verfolgungswürdig liegengelassen. Als jedoch umgekehrt Auer von den Ärzten seiner eigenen Klinik unterstellt wurde, er habe eine einzige Krankenakte aus der Klinik mitgenommen, ordnete das Amtsgericht Homburg unverzüglich eine Hausdurchsuchung bei ihm an, die auch durchgeführt wurde. Auslöser dieser Hausdurchsuchung am 14. 02. 1991 war eine Initiative des Klinikumsdirektors Feifel gewesen, der ohne Überprüfung des tatsächlichen Geschehens umgehend in einer Aktennotiz die Unterstellung verbreitete, Prof. Auer habe eine Krankenakte manipulieren wollen. Die von ihm initiierte Ermittlung der STA wurde umgehend mit Befragungen der Ärzte der Neurochirurgie eingeleitet.
Schon eine Woche nach dem Vorwurf der Ärzte, Auer habe innerhalb weniger Monate an die 50 schwere Behandlungsfehler begangen, langte ein Gutachten einer Kommission der Deutschen Fachgesellschaft ein, in dem Auer vom Vorwurf der Behandlungsfehler entlastet wurde. Die vom Minister bei Auer angeforderte Stellungnahme zu den Vorwürfen seiner Ärzte war durch das von Feifel angeregte Ermittlungsverfahren der STA überdies bereits nutzlos geworden. Aber zu diesem Verhalten von Feifel und seiner Erklärung mehr weiter unten.
Zunächst nochmal zurück vor den Beginn der Affäre und vor den Amtsantritt von Prof. Auer:
Der Vorgänger von Auer auf diesem Lehrstuhl für Neurochirurgie am Klinikum Homburg /Saar, Friedrich Loew, hatte als Herausgeber der englisch-sprachigen Fachzeitschrift “Acta Neurochirurgica” dessen berufliche Entwicklung mit für ihn erkennbarem Wohl-wollen verfolgt und begleitet: seine Habilitationsschrift und eine Reihe weiterer Publikationen waren so in “seiner”, Loews, Zeitschrift bzw. beim Springer-Verlag erschienen. Als es um seine Nachfolge ging, schlug er der Fakultät vor, Auer auf Platz eins der Liste zu setzen. Vertreter der Berufungskommission kamen zur Klinik in Hannover, in der Auer zu jener Zeit tätig war, erkundigten sich bei Kollegen und Personal, sahen bei seinen Operationen zu. Als ihn dann jedoch die Kommission auf Platz eins der Berufungsliste setzte, teilte Loew mit, er habe seine Meinung geändert, er wolle nun doch seinen früheren Oberarzt Herrmann vorschlagen, der inzwischen Chef in Hamburg geworden war, denn seine Mitarbeiter zögen ihn vor. Die Mitglieder der Kommission fühlten sich gefoppt und bestanden darauf, Auer auf Platz eins zu behalten. Der erste Machtkampf entbrannte, bei dem es darum ging, ob Loew, der bis dahin als Doyen und geistiger Führer des Klinikums gegolten hatte, seine Macht über diese Gruppe bis zum Ende würde ausüben können, oder ob sich die Mitglieder der Kommission gegen ihn durchsetzen könnten; es ging nicht mehr um die Personen auf der Berufungsliste. Zum ersten Mal nach vielen Jahren verlor er einen Machtkampf in seinem Klinikum, in seiner Fakultät. Auer wurde letztlich also gegen seinen Willen berufen.
Als Prof. Auer ankam und das Amt von Loew übernahm, war er vom Freund zu seinem Feind geworden. Auers Ahnungslosigkeit missbrauchte Loew dann noch für Monate: er verkaufte ihm seine alten Büromöbel zu einem unanständig hohen Preis, beschäftigte seine bisherige, nun eben Auers, Sekretärin, während der operierte, forderte von ihm den Freundschaftsdienst, ihn ohne Haftpflichtversicherung weiter in nunmehr Auers Klinik seine Privatpatienten operieren zu lassen, die Gebühren für ihn abzurechnen und ihm das Geld zu geben. Als Auer ihm auf dieses Ansinnen antwortete, dass er erst prüfen lassen müsse, auf welchem Weg er weiter operieren könne, operierte Loew hinter seinem Rücken ohne Erlaubnis, während Auer auf Kongress abwesend war, oder erteilte seinen früheren Mitarbeitern den Auftrag zur Aufnahme eines seiner Privatpatienten. Anlässlich eines weiteren Falles trat die Feindschaft offen zutage. Als der Skandal durch Zeitungsmeldungen angefeuert wurde, schloss sich Loew sofort den revoltierenden Ärzten an und bot sich selbst zur Rückkehr in seine alte Position an, sollte Auer nun unverzüglich suspendiert werden.
Die Anfeindung durch Loew war von Auer beantwortet worden mit einer Untersuchung, die folgendes ergab: Loew hatte der Witwe eines Patienten, der in seiner Klinik verstorben war, eine hohe Versicherungssumme verschafft, indem er seinen Oberarzt ungerechtfertigt beschuldigte und ihm das freiwillige Ausscheiden aufzwang. Als der verantwortliche Versicherungsdirektor mit der tatsächlichen Lage konfrontiert wurde, zeigte er sich erschüttert und betrogen.
Loew war ein Opfer seiner Angst vor Machtverlust und Vereinsamung in der Rente geworden (außerdem auch in Finanznot beim Betrieb seines Privatflugzeuges und Ferienhauses auf Korsika). Viele Jahre hatte er auch nicht nur die Fakultät dominiert, sondern auch in seiner eigenen Klinik in einem sanft wirkenden, stillen Terror-Regime geherrscht. Er begann nun, Auers Mitarbeiter, die ja seine Früheren waren, gegen ihn strategisch zu positionieren, so, wie er dies schon jahrelang davor gegen seinen Oberarzt Ostertag geübt hatte, wie oben geschildert. Diese Positionierung hatte jedoch auf dieser weiteren Ebene der Ereignisse schon ein Jahr davor begonnen:
Als nämlich den Ärzten der Neurochirurgie bekannt wurde, dass nicht ihr Wunschkandidat Herrmann an die erste Stelle der Berufungslist kommen sollte, sondern Auer, ließ eine Abordnung der Ärzte der Neurochirurgie die Kommissionsmitglieder in einem Gespräch wissen, wen sie sich als neuen Chef und Ordinarius wünschten, nämlich Prof. Herrmann, und, dass sie einen Chef wie Prof. Auer keinesfalls akzeptieren und Wege finden würden, ihn zu vernichten und zu beseitigen, sollte die Kommission dem Wunsch der Ärzte nicht folgen. Dass die Fakultät von dieser Drohung der Ärzte der Neurochirurgie wusste, dass sie Prof. Auer zu vernichten planten, wenn er berufen werden sollte, dokumentierte Prof. Sitte ebenso wie die Tatsache, dass Prof. Schnabel inzwischen die Vorladung zu Gericht und vom Dekan das Placet zur Aussage erhalten hatte. Hinweise auf derartige Absichten der Ärzte ergeben sich auch aus Erinnerungen, die Prof. Gaab erwähnte und später schriftlich bestätigte.
Die Kommission folgte dieser Forderung der Ärzte der Neurochirurgie ebenso wenig wie jener von Prof. Loew. In späteren Zeugenaussagen bei Gericht erzählten einige der Ärzte unverhohlen, dass sie von Tag des Amtsantrittes von Auer mitdokumentierten, was ihnen für den Tag X nützlich sein könnte. Ihnen ging es also in erster Linie darum, sich an der Fakultät dafür zu rächen, dass sie nicht den von ihnen geforderten Kandidaten als neuen Chef erhalten hatten, sondern Prof. Auer. Auch auf dieser Ebene wurde also die Affäre zu einem Machtkampf zwischen Parteien mit Auer als Mittel zum Zweck.
Auer selbst wurde von Anfang an in Fragen von Mitarbeitern verstrickt, deren Zweck er erst später aus Anzeigen und Anklagen erkennen konnte: es betraf z.B. die Autorenschaft bei einem Operationsbericht aus Juni 1990, die später Gegenstand eines Betrugsprozesses gegen Auer wurde. Die Vernichtungsabsicht ging auch aus einer anonymen Beschwerde bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Ärztekammer hervor: die Idee dazu kam wohl aus der Vorgeschichte, die sämtliche Ärzte des Klinikums betroffen und einige Jahre zuvor bereits in einen saarländischen Ärzteskandal resultiert hatte: denn eine Sonderregelung verbat es Chefärzten, ambulante Patientenuntersuchungen mit den Kassen abzurechnen, die sie nicht persönlich in ihrer Ambulanz betreut hatten. Das Klinikum als Errichter, Erhalter und Betreiber der Ambulanzen der einzelnen Kliniken verlangte jedoch diese Abrechnung von den Chefärzten, da es daraus Einkünfte schöpfte. Viele Chefärzte rechneten also diese Leistungen ab, ohne sie tatsächlich erbracht zu haben, teilten stattdessen Mitarbeiter zu dieser Ambulanztätigkeit ein. Deswegen waren sie einige Jahre vor Auers Amtsantritt des „bandenmäßigen Betruges“ bezichtigt worden, weil sie das Gebot der „persönlichen Leistungserbringung“ übertreten hatten. Anlässlich seines Arbeitsbeginnes wurde Auer von der KV zur Unterzeichnung des neuen Vertrages zwischen der Neurochirurgie und dem Saarland eingeladen und bei dieser Gelegenheit auf dieses Gebot aufmerksam gemacht. Bei diesem Gebot handelte es sich jedoch für viele Kliniken tatsächlich um eine nicht realisierbare Forderung: denn der Chefarzt z.B. der Neurochirurgie konnte nicht an einem Tag gleichzeitig Visite machen, ganztägig operieren und über 100 Patienten ambulant betreuen. Als Auer angesichts dieser nicht erfüllbaren Forderung die Teilnahme an der KV-Versorgung der ambulanten Patienten ablehnte, wurde ihm für die Klinik genehmigt, Assistenten für den Ambulanzbetrieb einzusetzen (diese Sondergenehmigung sollte für 6 Monate gelten; als gegen Ende dieser Frist keine neue Regelung angeboten wurde, setzte Prof. Auer das Klinikum davon in Kenntnis, dass dieser Ambulanzbetrieb ggf. eingestellt werden müsse). Im Unwissen um diese Erlaubnis als Interimslösung hatte einer der Ärzte versucht, Prof. Auer bei der KV anzuzeigen. Derselbe zeigte Prof. Auer gleichzeitig bei der Ärztekammer an, er würde ihm legitime Forderungen für Privatoperationen vorenthalten, diese stattdessen selbst einnehmen. Dass in Wahrheit derselbe, Caspar, eine Art Privatklinik in der Neurochirurgie eingerichtet hatte und nun von seinem neuen Chef entgegen dessen Vereinbarung mit ihm entsprechende Danachachtung forderte, hat während der gesamten Affäre nicht nur niemanden gestört, sondern wurde von der Klinikumsleitung sogar für Einzelfälle von Auer gefordert – eine einzigartige Vorgehensweise zumindest in Deutschland. Beide Anzeigen gingen als falsche Behauptungen ins Leere, fanden jedoch ihren Weg in die Zeitung: denn wiederum derselbe, Dr. Caspar, hatte einen befreundeten Journalisten auf den Fall angesetzt (es gab auch Gerüchte, Caspar sei der Schwager von Zeitungsschreiber Jungmann gewesen, sondern habe den Journalisten auch operiert, weswegen dieser ihm verpflichtet gewesen sei):
Nun gab es täglich neue Nachrichten in der Saarbrücker Zeitung über unhaltbare Zu-stände in der Neurochirurgie. Als der Wissenschaftsminister eine Rüge erteilte, gingen die Ärzte als Front in den vollen Angriff über: zuerst begannen sie am 26.10. einen Streik mit ärztlicher Notbesetzung der Klinik, die eben noch erlaubte, Notfälle zu versorgen. Ihre Kampagne hatten sie mit 19. Oktober 1990 mit einer an die regional führende Zeitung lancierten Sensationsmeldung eingeleitet, zehn Tage nach der Rückkehr von Prof. Auer von einer Kongressreise nach Indien und Australien. Danach sandten sie ein von der Mehrzahl der Ärzte unterzeichnetes Schreiben an Wissenschaftsminister Breitenbach, in dem sie nicht nur die Partei von Caspar ergriffen, sondern sich allgemein beschwerten. Eine Reihe von – dienstrechtlich untersagten – Details aus dem Innersten des Klinikbetriebes verrieten, dass nur Ärzte der Klinik selbst die Boten gewesen sein konnten, denen allerdings nicht klar gewesen sein kann, dass sie mit ihrer seit Jahren aufgestauten und intern auch praktizierten Aggressivität, angetrieben vom Wunsch zur Befreiung aus einer noch länger anhaltenden Unterdrückung durch einen patriarchalisch regierenden Chef, in Wahrheit einen Akt der Selbstzerstörung einleiteten. Diese war vermischt mit der verständlichen Existenzangst anlässlich des Führungswechsels, bei dem nach allgemeiner Erfahrung stets „Köpfe rollen“ sollten - eben wegen dieser Atmosphäre von ungewöhnlich starken Ängsten und Aggressionen hatte Prof. Auer sich bemüht, durch professionelle Berufsberatung weiter beruhigend zu wirken. Dass diese Versuche die Belegschaft nur noch unruhiger und nervöser machen mussten, da sie doch die Absicht verfolgten, Prof. Auer zu beseitigen, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen und gab auch dem psychologischen Unternehmensberater Rätsel auf. Der Wissenschaftsminister Breitenbach, dem Auer seinen Plan vorab mitgeteilt hatte, zeigte sich zuerst begeistert; danach blieb die Initiative ohne weiteren Kommentar. Neben der aktiven Tätigkeit des Suchens von klagbaren Inhalten zur Beseitigung von Auer betrieben die Ärzte außer der subversiven Ablehnung der Beratung auch weiteren subversiven passiven Widerstand. Die Frustration jüngerer Ärzte war zusätzlich begründet durch die Karriereblockade, verursacht durch die älteren Unkündbaren; dass Prof. Auer ihnen dabei hätte behilflich werden können, hätten offenbar nur Jene begreifen können, die alle diese Komplikationen vorort zu meiden vorgezogen und schon vor Auers Ankunft gekündigt hatten. Der aktivste Teilnehmer der Kampagne war nach den verfügbaren Unterlagen ein Disziplinarfall; doch das politische Umfeld machte aus diesem „Fall Caspar“ – auch der Direktor der Orthop. Klinik beschrieb den Vorgang in dieser Weise - durch geschickte mediale Tätigkeit eine „Affäre Auer“, die sich eben wegen des parteipolitischen Interesses an dieser Konstellation nicht mehr dadurch aufhalten ließ, dass Minister Breitenbach am 21. Oktober 1990 an die Klinik kam, um die Ärzte zu rügen und zu verwarnen. Die Ärzte blieben jedoch bei ihrer ursprünglichen Plan und suchten auch bei der Ärztekammer, ihren Chef anzuprangern. Als ihre fortgesetzte streikartige und subversive Tätigkeit nicht fruchtete, täuschten sie für kurze Zeit kooperatives Verhalten an, in der sie in Wahrheit die Falldokumentationen für eine Strafanzeige sammelten, die sie dann zu Beginn des Monats Februar 1991 als Überraschung umsetzten: wieder mit Skandalpresse und Schreiben an den Minister. Manche Aspekte des abnormen Verhaltens und der Vorurteile gegenüber Auer gehen außer aus den Zeugenaussagen bei Gericht auch aus den Vernehmungsprotokollen des Ministeriums im Frühjahr 1991 hervor.
Diese denunzierenden Ärzte wurden also in mehrfacher Hinsicht Opfer: als Systemgeschädigte in einem jahrelangen Kampf zweier Abteilungen einer Klinik innerhalb eines gemeinsamen Gebäudes hatten sie nur Machtkampf im Sinn, unfähig zur konstruktiven Auseinandersetzung. Sie führten diesen Kampf im eigenen Haus aus, auf dem Rücken ihrer Patienten, sogar auf Kosten des Lebens einer dieser Patienten, wie die weiteren Ausführungen zeigen werden. Der Zeitgeist erlaubte ihnen einen Machtkampf, der zur Selbstzerstörung des eigenen Ordnungssystems führen musste; sie zerstörten mit ihrem Machtkampf auch das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Klink, ihre Arbeit.
Auf der Ebene des Klinikums gab es darüber hinaus eine von Eifersucht beladene Konkurrenz zwischen dem Vorgänger von Prof. Auer, Prof. Loew, der den Fakultätsbetrieb kraft seiner politischen Umtriebe dominierte, und dem Allgemeinchirurgen Prof. Feifel, der das Nachsehen hatte, obwohl sein Fachgebiet das wesentlich umfangreichere war. Deshalb bestand wohl das erste Bestreben von Feifel bei Bekanntwerden der Kampagne darin, sich selbst zumindest zum kommissarischen Direktor der Neurochirurgie zu machen und die Absetzung von Prof. Auer vor jeglicher sachlicher Prüfung von Vorwürfen zu betreiben; dazu berief er eine Klinikumskonferenz ein, um sich die Unterstützung der übrigen Direktoren zu holen. Später wurde ihm aus der Fakultät der Vorwurf gemacht, er habe dabei die Kollegenschaft mit mitigierenden Ausführungen etwas hinters Licht geführt, wohingegen er von vornherein eigenmächtig Prof. Auer beseitigen lassen und vorübergehend selbst ersetzen wollte, weil er ihn entgegen den Erkenntnissen der Berufungskommission seiner Fakultät anderen Kollegen außerhalb der eigenen Fakultät und sogar dem Saarländischen Wissenschaftsminister Breitenbach gegenüber schriftlich für unfähig erklärt habe, diese Klinik zu leiten. Danach unterstützte er die revoltierenden Ärzte mit Durchwinken von Alleingängen, sogar der Forderung nach autonomer Behandlung von Privatpatienten, und weiterer streikartiger Destabilisierung des Klinikbetriebes, ohne dass Feifel den Direktor der Neurochirurgie Auer dabei involviert hätte. Stattdessen setzte er ihn lediglich von Vereinbarungen zwischen Feifel und Auers Ärzten in Kenntnis. Letztlich deckte er auch zahlreiche dienstrechtliche Vergehen und Unregelmäßigkeiten der Klinikärzte, überprüfte keine der Krankmeldungen bzw. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, deckte somit also die Verwirklichung der von den Ärzten zuvor angekündigten Vernichtungsaktion gegen Prof. Auer. Dazu zählte das Diktat der Ärzte, dem die Klinikumsdirektion zustimmte, ohne den Dienstgeber zu involvieren, den Minister; der Minister hätte nach entsprechender Prüfung der widersprüchlichen Krankmeldungen und des Diktats die Ärzte weiter disziplinieren können. Dazu zählte auch der Umstand, dass Feifel die Weigerung der Ärzte deckte, weiter Ambulanzdienst zu versehen, weil dieser illegal sei, denn er als vom Minister bestimmter kommissarischer Leiter von Auers Klinik hätte wissen müssen, dass Auer die zuvor erwähnte KV-Genehmigung zum Einsatz von Assistenten bekommen hatte; Feifel als ärztl. Direktor des Klinikums verlor auch angesichts der Anzeige von Caspar gegen Auer wegen angeblich fehlender KV-Genehmigung hierzu kein Wort, z.B. gegenüber dem Dienstgeber, dem Minister. Laut Memorandum war Auer während des Ärztestreiks zeitweise der einzige Operateur an der Klinik; gleichzeitig wurde das von ihm weitergeleitete Angebot mehrerer anderer Kliniken wie Freiburg, München, Mainz und Köln abgelehnt, Neurochirurgen als Ersatz zur Gewährleistung des Betriebes zu senden. Prof. Auer protokollierte überdies, dass Feifel ihn über Beschwerden bei ihm über sich im Unklaren ließ und seine diesbezüglichen Nachfragen unbeantwortet ablehnte. Dass zusammen mit den Ärzten auch die Sekretärinnen unangemeldet streikten, interessierte trotz der Übermittlung seines Memorandums am 06.11.1990 im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Minister niemanden, vor allem auch nicht den Minister und seinen beim Gespräch anwesenden Staatssekretär Pernice. Der Minister drohte ihm stattdessen mit einem Disziplinarverfahren nicht etwa gegen die Ärzte, sondern gegen Auer selbst, wohl damals bereits von Feifel instruiert, dass Auer für diese Klinikleitung unfähig sei. Dies bekräftigte Feifel dann nochmals in einer Landtagssitzung. Als Auer hingegen Feifel darauf hinwies, dass sein leitender Oberarzt aus gesundheitlichen Gründen schon seit Jahren nicht mehr operieren zu können durchgesetzt hatte, den Chef also seiner Funktion gemäß gar nicht vertreten konnte, dass ein dazu fähiger Oberarzt daher dringend auf eine ohnehin freie Stelle eingesetzt werden solle, und dass laut Auftrag des Ministers diese Stelle umgehend besetzt werden müsse, antwortete Feifel erst gar nicht.
Auch ein ergänztes Memorandum von März 1991, das Auer zum Beginn seiner Beurlaubung ab Mitte Februar verfasst und dem Minister übersandt hatte, blieb ohne jegliche Konsequenzen. In diesem Memorandum vom 05.03.1991 werden die Vorgänge von Prof. Auer in mehr Detail beschrieben. Dass es Auer innerhalb weniger Monate gelungen war, die dort beschriebenen inakzeptablen und teilweise katastrophalen medizinischen und administrativen Mängel in einem deutlich unterdurchschnittlichen Betrieb zu korrigieren, blieb unbeachtet (z.B. Beschwerde über verzögerten Briefkontakt zwischen anderen Ärzten und der neurochir. Ambulanz mit Verzögerungen bis zu einem Jahr). Stattdessen war die von Feifel initiierte STA-Ermittlung schon am 05.03.1991 in zwei Verfahren im Gange. Bereits am 26.03. teilte der Minister Prof. Auer mit, dass Steudel die kommiss. Leitung seiner Klinik übernehmen werde; das neue, Auer beschuldigende Gutachten von Lorenz, Steudels Chef (siehe Details weiter unten), kam demnach offensichtlich auf Feifels Betreiben Zug um Zug.
Feifel war also auf den disziplinarrechtlich untersagten Anwurf durch einen Assistenten von Auers Klinik (Caspar) unverzüglich bereit, Auers Kompetenz in Frage zu stellen und seine disziplinarrechtliche Verfolgung bzw. später die Suspendierung vorzuschlagen. Auch nach Klarstellung durch die deutschen Neurochirurgen – Prof. Roosen, Gießen, hatte Feifel zusätzlich das Ergebnis seiner Umfrage an die deutschen Neurochirurgen zugesandt - betreffend die inakzeptablen operativen Praktiken von Caspar blieb Feifel auf seiner Linie. Einem neutralen Begutachter der Kampagne hätte auch auffallen können – besonders wenn er wie Feifel ein chirurgisches Fach repräsentierte – dass der in der Regionalpresse als weltberühmter Chirurg beschriebene Funktionsoberarzt der Klinik, Assistent Dr. Caspar, zu dieser Jahrestagung der Fachgesellschaft über das Gebiet seiner herausragenden Qualifikation nicht einmal eingeladen war. Gegen diese Machenschaften von Ärzten und Feifel wandte sich außer Prof. Mittelmeier auch der Direktor der Anästhesiologie, Prof. Larsen. Der Direktor der Hämostaseologie, Prof. Wenzel, attackierte Feifel dafür sogar sehr direkt und verwehrte sich gegen dessen Aktionen. Ein Ordinarius schrieb von einem katastrophalen Signal der Homburger Fakultät.
Außer Feifel war evtl. ein anderer Mittelsmann zur CDU – evtl. die Hauptperson – der Dekan der med. Fakultät Wanke. Ansonsten erfuhr Auer nur vom Leiter der Neuroradiologie, Piepgras, direkte Anfeindungen, z.B. Auer seinerseits unternahm gegen Piepgras nichts, obwohl er ihn wiederholt am Vormittag im Dienst vollkommen betrunken angetroffen hatte, kichernd und lallend.
Wissenschaft und Justiz in der parteipolitischen Zwickmühle
Das Kabinett Lafontaine war u.a. wegen der Affären und Prozesse um den Mitarbeiter von Finanzminister Kasper, Erich Müller, bereits unter schwerem Beschuss. Zufällig spielten also Interessen in der Landespolitik – hier dem Kampf zwischen der regierenden SPD und der opponierenden CDU - den streikenden und medial randalierenden Ärzten der Neurochirurgie in die Hände und schafften damit der Affäre eine neue, höhere Ebene, denn es hatte sich zufällig eine Perspektive für die in der Opposition befindliche CDU ergeben: schon zwei Affären waren zugange, die eine Chance boten, das Kabinett von Ministerpräsident Lafontaine auszuhebeln. Eine weitere Affäre, diesmal im Bereich des Wissenschaftsministeriums, kam dazu äußerst gelegen und wurde als mögliche Chance für einen Durchbruch gesehen. Prof. Auer als Bauernopfer war dafür wegen des regen Öffentlichkeitsinteresses und der Tatsache, dass er als soeben zugereister Ausländer im saarländischen Machtgefüge nicht verankert war, sehr gut geeignet.
Das Wissenschaftsministerium fand sich in einer Zwickmühle: die Klinikärzte bildeten eine Front; ein Beamter des Wiss. Ministerium sprach gegenüber Auer von „psychopathischem Verhalten“ einzelner Ärzte. Man sah aber keine Möglichkeit, Rädelsführer zu suspendieren. Andererseits war unklar, ob die fachlichen Vorwürfe ausreichen würden, Auer mit Hilfe von Prozessen zu entfernen; in diesem Fall hätte man die Gelegenheit gehabt, die Oberärzte gewähren zu lassen und damit nach außen die Widerherstellung von Ruhe und Ordnung demonstrieren zu können. Anfänglich schoss der Minister vordergründig im Landtag gegen die regionale Presse (SZ) mit dem Hinweis, er lasse den Ruf des Klinikums nicht durch diese Zeitung zerstören; bei dieser Gelegenheit gab er auch bekannt, das Ministerium sei am Tag vor der Einsendung des Anschuldigungspapiers der Ärzte gegen Auer von einem Journalisten der Zeitung angerufen worden mit Hinweis auf Details daraus. Ein Artikel erschien an diesem Tag denn auch in der Zeitung. Der Minister selbst bestätigte demnach, dass er Kenntnis davon hatte, dass die Ärzte entgegen dem Verbot der Weitergabe von hausinternen Informationen der Zeitung alle Informationen mitgeteilt hatten, die sie später an den Minister leiteten – von dem später behaupteten Fund der Klinikinformationen auf der sprichwörtlichen „Parkbank“ war also keine Rede.
Der Wissenschaftsminister, selbst aus den Reihen der eigenen Partei attackiert, hatte schon im April 1991 wissen lassen, dass er eine möglichst weit in die Länge gezogene Prozesslawine für den gangbarsten Weg hielte, um sich selbst, die Partei, die Regierung und das Klinikum am besten von den CDU-Attacken fern zu halten; die Empfehlung war nach Angaben von Justizminister Walter gekommen, der kommende Prozesse „ad infinitum“ hinauszuziehen plante.[1] Dies wurde von den Gerichten denn auch systematisch in diesem Sinne gehandhabt: eine Vielzahl von Gerichtsterminen diente lediglich wenige Sekunden- bis Minuten dauernden vorgeschobenen administrativen Details wie z. B. Urlaubsplanung der Schöffen, Kenntnisnahme eines Schriftstückes ohne Verhandlung etc. Es entwickelte sich also ein Szenario grotesker Polit-Justiz, in dem die Staatsanwaltschaft auf Verurteilungen drängte, um die Regierung wegen Unfähigkeit bloßzustellen, kompetente Leute in entscheidende Positionen zu setzen. Die Gerichte hingegen ließen einerseits die Anklagen zu, ließen aber andererseits die Prozesse jahrelang laufen. Der a priori Absicht, Prof. Auer als Opfer an den Pranger zu stellen, taten auch SPD-Zwischenrufe während der Rede des CDU-Abgeordneten im Landtag keinen Abruf, wie „Vorverurteilungskampagne!“
Als Höhepunkt der Bemühungen auf der Ebene der Polit-Justiz wurde Auer später von Justizminister Walter in einem Gespräch im Ministerium der Vorschlag gemacht, sämtliche Verfahren gegen ihn würden eingestellt, wenn er bereit wäre, seine Position freiwillig zu verlassen (siehe auch weiter unten).
Einen Hinweis auf diese Annahme von Polit-Justiz hatte schon die Tatsache gegeben, dass die STA grundsätzlich Beweise gegen die Klinikärzte ignorierte, Gegenbeschuldigungen abwies, aber mit diesen Ärzten paktierte, sogar private “Biertisch”-Treffen mit ihnen zum Informationsaustausch veranstaltete (der Oberstaatsanwalt schob im Gang des Gerichtsgebäudes demonstrativ den Kinderwagen mit dem Neugeborenen eines der Ärzte, das er mit einer der Physiotherapeutinnen der Klinik hatte, noch verheiratet mit einer anderen Frau. Mindestens vier weitere Ärzte hatten zu dieser Zeit Verhältnisse mit Personal, z.B. Barbier und Donauer mit Physiotherapeutinnen, Caspar). Im Sinne der von Feifel an den Minister abgegebenen Meinung über Auer reagierte das Ministerium auch auf Meldungen von Dienstvergehen Caspars entweder nicht oder nach langer Zeit mit abwehrenden Stellungnahmen.
Stattdessen konnte als Vorbote auf die geplante endgültige Vernichtungsaktion am 3.1.1991 die Ärztekammer des Saarlandes mit einem mehrseitigen Papier über angeblich unärztliches Verhalten von Prof. Auer befasst werden, unterzeichnet von 11 Ärzten. Diesbezüglich sei an die Bemerkung erinnert, wonach die jungen Ärzte mehr oder weniger gezwungen wurden, sich der Kampagne anzuschließen und mitzuunterzeichnen. Dazu soll nochmal zurückgeschaut werden vor den Beginn der ersten Suspendierung von Prof. Auer:
Der Weg zur 1. Suspendierung
Die endgültige Vernichtungskampagne wurde entsprechend der Ankündigung der Klinikärzte damit eingeleitet, dass sie der Saarbrücker Zeitung Gerüchte über katastrophale Zustände in der Neurochirurgie zuspielten, für die der neu berufene Prof. Auer verantwortlich sei, obwohl er erst wenige Monate die Klinik leitete. Der Wissenschaftsminister geriet in die von der CDU erhoffte Bedrängnis, als er die Vorwürfe objektiv zu prüfen begann. Die Ärzte erhöhten den Druck, indem sie in einen Streik traten, der den geregelten Betrieb wesentlich erschwerte. Gleichzeitig untersagte der ärztliche Leiter des Klinikums, der zu dieser Zeit eben der Allgemeinchirurg Prof. Feifel war, die von Prof. Auer vorgeschlagene und geforderte Verlegung von Patienten in umliegende Kliniken. Als schließlich die Ärzte ihren nächsten Schritt taten und Vorwürfe wegen Behandlungsfehlern an etwa 50 Patienten innerhalb von einigen Monaten dem Wissenschaftsminister vorlegten, gab Prof. Feifel den Vorgang unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weiter, ohne selbst eine Untersuchung ohne Überprüfung aus medizinischer Sicht anzustrengen – er gab vor, die Vorwürfe fachlich nicht beurteilen zu können, obwohl er bereits Monate zuvor seine Überzeugung betreffend Auers Unfähigkeit weithin verstreut hatte. Feifel dissimulierte Auer gegenüber sogar noch am 11.3.1991
Ein erstes vom Wissenschaftsminister eingefordertes Gutachten, erstellt vom Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie, Prof. Lorenz, und einer von ihm zusammengestellten Gutachterkommission ergab keine Behandlungsfehler, sondern den Hinweis auf hausinterne Querelen. Als jedoch Prof. Feifel dem Gutachter vertraulich in Aussicht stellte, seinen Oberarzt als kommissarischen Direktor der Neurochirurgie – und danach ggf. als neuen Ordinarius – einzustellen, schrieb Prof. Lorenz ein neues Gutachten, in welchem er nunmehr Behandlungsfehler sah, wo die Gutachterkommission davor keine festgestellt hatte. Lorenz wurde von Fachkollegen dafür kritisiert, nicht nur von Prof. Seeger, sondern auch von Prof. Gaab, der schrieb: „Die angesprochene Angelegenheit (gemeint „Fall Auer“) wurde gerade von Herrn R. Lorenz als damaligem 1. Vorsitzende rechtswidrig, peinlich zum Vorteil eigener Belange unter Gefährdung der Gesellschaft und schließlich mit Falschaussagen vor dem erweiterten Vorstand gehandhabt“.
Mit 19. 02. verfügte der Minister dann ein Verbot für Prof. Auer, seine Klinik zu betreten und die Dienstgeschäfte auszuüben. Entsprechende Protestschreiben von Klinikdirektoren gegen Feifel folgten auch von auswärtigen Universitäten, z.B. Prof. Pernecky von der Univ. Klinik Mainz. Prof. Schramm von Univ. Klinik Bonn und Prof. Roosen von der Univ. Klinik Giessen (im Namen von 42 Experten).
Die fakultätseigenen Professoren Schnabel, Wenzel und allen voran Sitte als früherer Rektor der Universität Saarbrücken entwickelten in den Monaten März bis Mai 1991 in stundenlangen eindringlichen Besprechungen mit Auer Pläne, auf welche Weise es möglich sein könnte, das Geflecht zu durchdringen und damit gegen Polit-Justiz und Parteienkämpfe zu obsiegen. Sitte – er hatte sich schon seit dem Frühjahr 1991 engagiert - führte Gespräche und Korrespondenz mit dem Ministerpräsidenten und seinen Ministern, mit CDU-Vorsitz, Fakultät und Klinikumsdirektion in dem Bemühen, der medial gesteuerten Affäre letztlich doch noch eine überlebbare Wende für das Bauernopfer zu geben. Im Mai 1991 teilte der damalige Vorsitzende der Berufungskommission, Prof. Schnabel, Auer mit, niemand verstehe, „warum Feifel von Anfang an gegen Auer war“. In der Direktorenkonferenz vom 1. Mai 1991 hätten alle für Auers Rückkehr gestimmt, nur Piepgras dagegen; letzterer wohl in Vertretung von Loew, dem er viel zu verdanken habe, so Prof. Schnabel. Letzterer meinte auch, dass aus mehreren Gründen „der Krieg ohnehin vorprogrammiert“ gewesen sei.
Ab April 1991 kam es zu einer Spaltung der Belegschaft der Klinik, wobei der Cheflaborant Zimmer und andere auf der einen, die Oberschwester und Ärzte außer Kivelitz auf der anderen Seite standen; Kivelitz selbst war inzwischen ausgebootet. Caspar habe Anfang Mai seine Habil. eingereicht, diese wurde jedoch als mangelhaft abgelehnt. Donauer hingegen teilte einem anreisenden Patienten mit, dass Prof. Auer „nicht im Hause sei und auch zukünftig nicht mehr im Hause anwesend sein werde. Ob sie nicht durch die Presse über die Vorfälle informiert sei. Von Herrn Prof. Auer lasse sich ja inzwischen niemand mehr behandeln und er selbst könne ihr davon nur abraten“.
RA Müller teilte Prof. Auer kurz vor Ablauf der „1. Suspendierung“ mit, dass die Staatsanwälte abhängige Beamte seien, und dass Justizminister Walter sich nach dem 12. 04. 1991 melden wollte. Weitere Gespräche zwischen Auers Anwalt, Prof. Müller, und Justizminister Walter sowie dessen Staatssekretär Pernice waren z. B. für den 11. 4. 1991 anberaumt. Sein Vorschlag drei Jahre später, alle Verfahren einstellen zu lassen, wenn Prof. Auer seinen Lehrstuhl freiwillig räumte, wurde bereits zuvor erwähnt. Schon von Anfang an fielen Entscheidungen „auf höherer Ebene“, ausschließlich in der Politik, wie ein Beamter des Wiss. Ministeriums Prof. Auer verriet. Das geht auch aus einer Besprechung mit Prof. Schnabel hervor, der den Eindruck gewonnen hat, die SPD-Regierung sei gegen Auer eingestellt, weil ihre großen Probleme durch den Skandal noch größer wurden. Während der kritischesten Zeit im April 1991 habe man politischerseits sogar erwogen, die medizinische Fakultät abzuschaffen und lediglich noch das Klinikum zu betreiben. In einem Gespräch mit Dekan Wanke sagt Letzterer „der Minister hat sich alles vorbehalten“.
Ende der 1. Suspendierung
„Nachdem eine Fachgutachterkommission der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie Ende Februar zu dem „einmütig“ formulierten Ergebnis gekommen war, daß gegen Prof. Auer „der Vorwurf der Behandlungsfehler im Wesentlichen nicht aufrecht erhalten werden kann“, haben auch die zwischenzeitlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur bisher nicht zu Erkenntnissen geführt, die eine Fortsetzung der Suspendierung von Prof. Auer rechtfertigen würden“, so teilte das Ministerium der Presse mit; davon, dass die Unschuldsvermutung von vornherein hätte gelten müssen, insbesondere nach dem Gutachten der Kommission, ist schon hier keine Rede. Die Absicht der Verwirklichung des Planes zur Polit-Justiz-Lösung von Justizminister Walter klingt hier sogar öffentlich an (Details siehe weiter oben).
Als die Suspendierung aufgehoben werden musste und die neu strukturierte Klinik mit neuem ärztlichem Personal versehen werden sollte, machten wieder Presse und Ministerium Prof. Auer dafür verantwortlich, dass es aufgrund eben der medialen Vernichtungsaktionen unmöglich geworden war, Mitarbeiter für diese Klinik zu bekommen.
Die 2. Suspendierung
Der Polit-Justiz war eine kleine Panne unterlaufen: Denn der Betrieb von Auers neuer Abteilung hatte terminbedingt nach dem Ende des „Forschungssemesters“ am 1.11.1991 begonnen werden müssen, dauerte jedoch nur 10 Tage, denn schon nach 7 Tagen erfolgte die in der Presse wieder groß verkündete strafrechtliche Anklage vom 7.11.1991:
Nachdem die ersten etwa 40 Behandlungsfehlervorwürfe schon im Vorfeld fallen gelassen werden mussten, klagte schließlich die STA an, und die Gerichte ließen die Klagen zu, nur noch drei an der Zahl, die allerdings gleichzeitig – denn auch der vierte – damals laut Feifel strafrechtlich relevante - Vorwurf der Aktenunterdrückung war eingestellt worden,[2] und zwar ohne jegliche Schuldzuweisung. Hier die drei Prozesse zusammengefasst:
Prozess wegen des Verdachts der Urkundenfälschung
Der Prozessbeginn war von den Medien noch mit großem Aufgebot angekündigt worden; die Verhandlungen mit sensationsbereiter Pressebegleitung und Fernsehübertragungs-wagen vor dem Gerichtsgebäude führten dann aber in zweiter Instanz zum Freispruch „erster Klasse“.
Prozess wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 8 Fällen, „Surgibone-Prozess“
Im Prozess wegen angeblich experimenteller Anwendung eines neuen Interponatmaterials bei HWS-Operationen stellte sich heraus, dass Anzeige und Anklage nichtig waren, weil das Material in mindestens 20 Ländern seit Jahren in Verwendung war; in Deutschland war es zwar noch nicht zugelassen, die Klinikumsapotheke hatte es jedoch bestellt und geliefert, ohne Prof. Auer davon in Kenntnis zu setzen (gegen die Apotheke ging im Übrigen danach niemand vor). All dessen ungeachtet hatten STA und Gericht den Prozess zugelassen, obwohl schon aus Vorgutachten auf Veranlassung der STA klar hervorgehen konnte, dass die Alternative zu dem von Auer verwendeten Interponatmaterial, nämlich Eigenknochen aus dem Beckenkamm, erhebliche Beschwerden für die Patienten resultieren. Mitten im Prozess - man erinnere sich an die Entscheidung von Justizminister Walter, die Prozesse so lange wie möglich hinauszuzögern – wurde die Verhandlungstätigkeit mit dem Argument unterbrochen, es seien keine Verhandlungstermine verfügbar, nur um danach, im August 1993, zu verkünden, dass das Gericht Prof. Auer weder wegen Aufklärungsmangel noch wegen seiner Operationstechnik weiter zu verfolgen gedenke. Dennoch erfolgte die Verurteilung; doch der BGH hob das Urteil auf und verwies zurück nach Saarbrücken. Saarbrücken nahm den Prozess erneut auf, und am 9. März 1994 erfolgte die erneute Verurteilung. Der BGH antwortete diesmal am 29. Juni 1995 mit der erneuten Zurückverweisung und Aufforderung an das OLG Saarbrücken, das Verfahren doch einzustellen, da man in 76 über 4 Jahre verteilte Ermittlungen und Verhandlungstagen nicht der Lage gewesen sei, eine rechtsfehlerfreie Verurteilung zu erwirken. Ab Mitte 1996 begann denn auch das OLG Saarbrücken, die Verfahrenseinstellung zu signalisieren. Schließlich wurde dann im Laufe des Jahres 1997 auch der Zivilprozess in dieser Sache der Kläger gegen Auer mit Hinweis darauf eingestellt, dass eine strafrechtliche Verurteilung seitens des BGH nicht wahrscheinlich sei. Beide Verfahren wurden schließlich endgültig eingestellt.
Prozess wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung (Mathis-Prozess)
In diesem Prozess blieb unberücksichtigt, dass es sich um einen sehr seltenen zentralen Hirntumor in äußerst seltener Lokalisation handelte, nämlich um einen „ektopischen“ Riesen-Tumor der Hirnanhangsdrüse außerhalb und oberhalb der Hirnanhangsdrüse und unterhalb des Zwischenhirns; als Prof. Auer mit dem „Fall“ befasst wurde, hatten die präoperativen Befunde diese Diagnose sogar so gut wie ausgeschlossen gehabt (s. neuroradiologischen Befund); erst Prof. Auer selbst hatte den Verdacht ausgesprochen, dass es sich um eine derartige Tumorform handeln könnte, und ordnete ergänzende Untersuchungen an. Das Ergebnis dieser nachgeforderten Untersuchungen kam zwischen Weihnachten und Neujahr 1990/91 telephonisch: ein hormonaktiver Hypophysentumor war ausgeschlossen worden. Aus diesem Grund blieb nur die Operation als Therapie.
Zur diesbezüglichen Aufklärung sagte Auers Stationsarzt Dr. Deinsberger aus, dass Prof. Auer mit dem Patienten über eine mögliche medikamentöse Therapie gesprochen habe, dass diese jedoch wegen des niedrigen Prolactinspiegels nicht möglich sei, daher eben nur die Operation in Frage komme. Beide, Auer und Deinsberger wurden in der Urteilsschrift der Lüge bzw. Unwahrheit bezichtigt und Auer unterstellt, der Patient hätte sich im Fall einer Therapierbarkeit mit Bromocriptine nicht operieren lassen – den Beweis dafür blieben jedoch STA und Gericht schuldig, durften also auch nicht wegen mangelhafter Aufklärung verurteilen (siehe Erläuterungen unter „Prozess wegen vorsätzlicher Körperverletzung“).
Zwei Wochen nach dieser Operation bekam Prof. Auer die Nachricht, dass diese tel. Mitteilung falsch gewesen sei; man habe inzwischen weiter untersucht und festgestellt, dass es sich um nun doch um einen Prolactin-produzierenden Tumor gehandelt hatte.
Schrittweise wurden im Strafprozess wegen des Vorwurfs fehlerhafter Operationstechnik zuerst Behandlungsfehler vorgeworfen, die sich jedoch im jahrelangen Prozessverlauf als nichtig herausstellten: Erst als Prof. Auer dem Gerichtsgutachter vorhielt, dass er selbst in einer seiner Publikationen die von Prof. Auer eingesetzte Methode empfohlen hatte, die er nun Prof. Auer als Fehler vorwarf, wurde diese Anschuldigung fallen gelassen und eine neue Möglichkeit gesucht, diesen Fall zu einer Verurteilung bringen zu können.
Als nächstes Verurteilungsziel strebte nun die STA an, Prof. Auer der Operationswut zu überführen, in welcher er Warnungen seiner Ärzte ignoriert habe: Tatsächlich aber hatte in den Feier- und Urlaubstagen zwischen Weihnachten und Neujahr 1990-91 ein Laborant vertretungsweise im endokrinologischen Labor Dienst getan, der mit den Methoden nicht vertraut war; er gab dem Dienstarzt der Neurochirurgie die falsche Information telephonisch durch, dass der endgültige Wert des im Zusammenhang entscheidenden Hormons auf normalem Niveau lag, jedenfalls aber einen hormonaktiven Tumor ausschließe. Als Zeuge bei Gericht geriet der Laborchef in starke Bedrängnis wegen der Vorwerfbarkeit von Fahrlässigkeit und Übermittlungsfehlern. Er beteuerte, er habe in der Zwischenzeit, seit sich dieser Vorfall ereignete, das Procedere in seinem Labor grundlegend geändert und geordnet. Das Gericht schwieg, die Staatsanwaltschaft nicht: sie bestand weiter auf dem Vorhalt, Prof. Auer hätte den Fehler des Labors erkennen und seine Planung daran ändern müssen, Prof. Auer trage am Fehler des Laboranten die Schuld, nicht der Laborant und nicht der Laborleiter. Dazu schwieg das Gericht weiter.
Gutachten namhafter internationaler Experten wie von Prof. Symon, London, Queen’s Square Hospital, von Prof. Patterson, New York, und von Prof. Landolt, Zürich, entlasteten Prof. Auer, indem sie erklärten, dass und weshalb ein Behandlungsfehler nicht vorlag. Die fremdsprachigen, ins Deutsche übersetzten Gutachten blieben völlig unberücksichtigt.
Als letzte Möglichkeit für eine Verurteilung blieben nun nur noch unbewiesene Vermutungen nach der juristischen Regel: im Zweifel gegen den Angeklagten (nicht in dubio pro reo sondern eben das Gegenteil: in dubio contra reum): dafür blieb der unbewiesene Vorwurf mangelhafter Aufklärung, die man unterstellen konnte, weil der Patient dazu nicht mehr befragt werden konnte. Dementsprechend verurteilte das Gericht Prof. Auer wegen fahrlässiger Tötung.
Der BGH hob auch diese dritte Verurteilung aus Saarbrücken wieder auf und verwies zurück; wieder, zum vierten Male, wurde ein Strafprozess gegen Auer in Gang gesetzt, diesmal allerdings unter neuem Namen.
Doch in der Zwischenzeit – und damit wird der Bericht über diesen Prozess unterbrochen und unter neuen Vorzeichen wieder darüber berichtet - war wegen eines gleichzeitig laufenden Verfahrens im Bundesverwaltungsgericht eine Frage erneut aufgetaucht:
Ende der 2. Suspendierung - Rehabilitierung?
Mit Beschluss vom 9.9.1994 rügte das Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung der Grundrechte von Prof. Auer betr. Art. 3, Abs. 1 und Art. 12, Abs.1., die Dienstenthebung bleibt jedoch aufrecht.
Die offizielle Aufhebung der 2. Suspendierung vom 15.11.1991 erfolgte durch das Verwaltungsgericht des Saarlandes am 21.11.1994 mit den Worten: „Stellt sich somit … das strafrechtliche Fehlverhalten … nicht als sonderlich schwerwiegend dar und kann infolgedessen nicht davon ausgegangen werden, daß es im förmlichen Disziplinarverfahren … zu einer Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme , nämlich zu seiner Entfernung aus dem Dienst (§6, Abs.1, SDO) kommen wird, muß der Antragsgegner diesem nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit operativer Tätigkeit verschaffen“. Prof. Auer durfte also wieder operieren, jedoch nicht an seiner Klinik.
Nachdem aber nun die erneute Beendigung der Suspendierung und Wiedereinsetzung in seine Position erfolgen sollte, kamen Bewegungen in beide Richtungen in Gang:
Im Januar 1995 hatte Prof. Schnabel, der Vorsitzende der Berufungskommission für die Wiederbesetzung des Neurochirurgie-Lehrstuhls nach Prof. Loew, dem Homburger Dekan wegen seiner Schweigepflicht mitgeteilt, dass er eine Vorladung des Gerichts zur Aussage über die Drohung der Ärzte für den Fall einer Berufung von Prof. Auer erhalten habe. Besondere Unterstützung kam weiterhin von Prof. Sitte, dem vorangegangenen Universitätspräsidenten, der sich in wiederholtem Austausch mit Fakultät, Klinikum und Wissenschaftsminister darum bemühte, dass die vom BGH 1994 angeordnete Verfahrenseinstellung und Wiedereingliederung von Prof. Auer in das Berufsleben in geordneter und realistischer Weise eingeleitet wurde – er blieb damit letztlich leider erfolglos, weil von politischer Seite bereits feststand, dass die Affären -Serie im Saarland am besten mit Prof. Auer als Bauernopfer zu bewältigen war, auch wenn man ihn wie damals Sokrates durch die Hintertür hätte entschlüpfen lassen. Denn nun begann ein Zwischenspiel der Polit-Justiz: Um die Affäre aus den Medien zu bekommen, verhandelte Justizminister Walter mit Prof. Auer in einer Sitzung zwischen ihm, seinem Staatssekretär, Prof. Auer und dessen Anwalt; er machte Auer den Vorschlag, freiwillig seine Position zu räumen; im Gegenzug würde er sämtliche Strafverfahren gegen ihn einstellen lassen. Eine entsprechende Ehrenerklärung wurde vorbereitet. Der Plan scheiterte jedoch an Prof. Auer, der den Vorschlag ablehnte. Er war offenbar noch immer des Glaubens an eine unabhängige Justiz im Rechtsstaat, die ihm letztlich Recht würde zuteil werden lassen. Vor allem aber handelte er in dem Wissen, dass er nirgendwo anders mehr eine Anstellung in seinem Beruf bekommen würde, also ohne Einkünfte leben sollte, denn die Ministerien hatten jegliche Abgeltung als Begleitung zur Ehrenerklärung abgelehnt.
In der ersten Jahreshälfte 1995 bewarb sich Prof. Auer an verschiedenen Stellen, im Bemühen, aus Homburg wegzukommen. Gleichzeitig kämpfte Rechtsanwalt Dr. Oppermann - für Auer unentgeltlich - beim Ministerium für die tatsächliche Umsetzung der Aufforderung zur Wiedereinsetzung von Prof. Auer in seine Position. RA Holtschmit betrieb – ebenfalls weitgehend unentgeltlich – eine zivilrechtliche Klage gegen die beschuldigenden Ärzte. Unentgeltlich war mittlerweile noch eine weitere Person für Prof. Auer tätig geworden: es war sein Steuerberater, der von der STA zunehmend beschäftigt wurde; denn die STA versuchte auch mit allen Mitteln, Prof. Auer auf dem Weg steuerlicher Unregelmäßigkeiten strafrechtlich zu verfolgen. Die Methoden der STA hatten den Steuerberater dabei derart erregt, dass er auf eigene Initiative begann, diese Machenschaften zu bekämpfen und nachzuweisen, dass Prof. Auer gesetzlich korrekt gehandelt hatte, wohingegen bei Loew so manche unkorrekte Erklärung durchgegangen war. Bei dieser Gelegenheit sei hier auch erwähnt, dass schon im Sommer 1990 eine MTA der Klinik Prof. Auer darauf aufmerksam machte, dass die Professoren der Neurologie und der Neurochirurgie ihre privaten Laborleistungen doppelt abgerechnet hatten, indem sie die Rechnungen sowohl dem Klinikum als auch den Privatversicherungen zur Abgeltung gesandt hatten.
Während sich Dekan und Fakultät bedeckt hielten mit dem Hinweise, der Minister werde alles allein entscheiden, setzte sich der Vorstand des Klinikums vehement und unter Einsatz aller nützlichen Verleumdungen durch die Belegschaft der Neurochirurgen gegen eine Wiedereinstellung von Prof. Auer ein, brachte sämtliche Gerüchte und Anwürfe bis hin zu psychiatrisch anrüchigen Bemerkungen vor. Klinikum, Fakultät und Ministerium schoben die Angelegenheiten über Monate im Kreis; das Saarland, vom BVG zur Wiedereinsetzung von Prof. Auer aufgefordert, wusste zu zeigen, was geschehen kann, wenn der Staat dem Staat befiehlt: nämlich nichts. Betont wurde lediglich das Untersagen klinischer Tätigkeit in Homburg. Als Prof. Auer die denunzierenden Ärzte verklagte wegen ihrer falschen Anschuldigungen, die in der überwiegenden Zahl von den Gutachtern als nichtig und nicht einmal von der STA aufgegriffen worden waren, blieben sämtliche Bemühungen um adäquate Judikatur erfolglos; sämtliche Gegenklagen wurden abgewiesen ebenso wie Gegenklagen gegen Feifel und Lorenz.
Bemühungen im Interesse von Prof. Auer wurden bald wieder zunichte, denn nun trat wieder die Polit-Justiz als Drahtzieher auf, der Justizminister mit seinem ursprünglichen Konzept einer möglichst lange hinausgezogenen Prozesslawine, denn der Prozess wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung – das Urteil war vom BGH aufgehoben worden – ging alsbald in neuer Besetzung weiter, und zwar mit dem Ziel noch viel schlimmerer Beschuldigungen:
Prozess wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Prozess Mathis II)
Aus der Behauptung heraus, gegen Vernunft, Zeugenaussagen und diesbezügliche wissenschaftliche Anamnese von Prof. Auer, wie unten im Detail erläutert, konstruierte man nun eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolgen, begründet mit unvollständiger Aufklärung, in der Urteilsschrift begleitet von der noch deutlich zynischeren Behauptung „und wollte es so“. Dabei unterstellte das Gericht Prof. Auer wiederholt Lügen, weil er in seiner Verteidigung vorbrachte, dass er sehr wohl mit dem Patienten die Behandlungsalternativen besprochen hatte, dass dies lediglich nicht eindeutig schriftlich festgehalten worden war; Prof. Auer beschrieb im Detail, wann und an welcher Stelle im Klinikgebäude dieses Gespräch mit dem Patienten stattgefunden hatte; der dabei anwesende Assistent Dr. Deinsberger wurde, als er dies als Zeuge bestätigte, ebenfalls erneut der Lüge bezichtigt und nun auch seinerseits von der STA mit einer Anzeige und Klagsdrohung verfolgt, wie weiter unten in mehr Detail ausgeführt.
Man warf Prof. Auer vor, aus Operationswut gegen die Interessen des Patienten operiert zu haben: für einen aufmerksamen und objektiven medizinischen Fachmann wäre die Absurdität dieses Vorwurfs schon im Vorfeld auszuräumen gewesen, denn er hätte festgestellt, dass Prof. Auer selbst es war, der entgegen den vorliegenden Befunden – z.B. die radiologische Verdachtsdiagnose - an die Möglichkeit eines Hypophysentumors und einer medikamentösen Therapie dachte und entsprechende weitere Diagnostik einleitete: der radiologische Befund hatte nämlich einen Hypophysentumor praktisch ausgeschlossen. Prof. Auer hingegen ordnete an, dass Hormontests zum Ausschluss eines Hypophysentumors durchgeführt werden, weil man einen sog. ektopischen Hypophysentumor nicht ausschließen könne. Überdies könne im Fall des Vorliegens eines Prolaktinoms eine medikamentöse Therapie durchgeführt werden. Dazu ordnete er einem Mitarbeiter vorbeugend an, per Telephon eine Auskunft von der Erlanger Klinik über die derzeit empfohlene Dosisempfehlung einzuholen. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter Dr. Deinsberger wurde vom Gericht wiederholt als parteilich und als Lügner abgewiesen, seine Aussage ignoriert; er wurde sogar von der Staatsanwaltschaft mit verschiedenen Anwürfen unter Druck gesetzt, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dabei war die Staatsanwaltschaft bereits mit Schreiben vom 27.05.1991 vom ebenfalls ermittelnden Wissenschaftsministerium mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, dass Prof. Auer auch dort bereits die gleichlautende Aussage mit Verweis auf Dr. Deinsberger gemacht hatte, nämlich dass „Erkundungen des Stationsarztes Dr.Deinsberger eine lediglich funktionelle Hyperprolaktinämie von 3.400ug/ml ergeben haben sollen“.
Ähnlich erging es auch dem Homburger Ordinarius für Orthopädie, Prof. Mittelmeier, der aus Entrüstung über den unsachlichen Umgang mit medizinischen Vorwurfsinhalten die Partei von Prof. Auer als Gutachter bei Gericht ergriff: ihn ließ die Staatsanwaltschaft von der Steuerbehörde verfolgen, wieder in der Erwartung, ihn damit zum Schweigen zu bringen. Ausländische Gutachter aus Übersee lehnte das Gericht pauschal ab. Das Gutachten des Ordinarius für Neurochirurgie der Freiburger Univ.-Klinik, Prof. Seeger, wurde ebenso ignoriert wie das Gutachten des Züricher Spezialisten für Hypophysenchirurgie, Prof. Landolt; letzterer beschwerte sich bei Gericht und Staatsanwaltschaft darüber, dass in der Urteilsschrift seine Gutachtenaussage in ihr Gegenteil verkehrt und diese gegenteilige Argumentation als Teil der Urteilsbegründung verwendet wurde. Gutachterliche Stellungnahmen von prominenten Vertretern dieses Spezialbereiches wie Prof. Laws von der Univ. of Virginia, Prof. Ebersold von der Mayo Clinic, Rochester und Prof. Miller von der Univ. Edinburgh, Prof. Teasdale von der Univ. Glasgow, Prof. Kanno von der Univ. Fujita, Japan, Prof. Patterson vom Cornell Medical Center, New York, Prof. Symon, Queen’s Square, London und weiteren Ärzten wurden schlichtweg kommentarlos ignoriert oder zusammen mit einer Vielzahl von Beweisanträgen rundweg abgelehnt.
Nur Prof. Landolt wurde zur Aussage als Gutachter bei Gericht zugelassen, seine Aussage in der Urteilsbegründung in ihr Gegenteil verkehrt dargestellt. Prof. Landolt, nachdem er von der Verurteilung erfahren hatte und die Urteilsschrift gelesen hatte, beschwerte sich bei Gericht über die Verdrehung seiner Aussage in ihr Gegenteil; dies blieb jedoch unberücksichtigt. Ebenso blieb ein weiteres Schreiben an das Gericht unberücksichtigt, in dem ein Kronzeuge, der Endokrinologe Prof. Leicht, nach Bekanntwerden der Verurteilung an das Gericht schrieb, er wolle seine Aussage nun korrigieren, da er die damalige Darstellung bei Gericht nun mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren könne: er habe mit Dr. Deinsberger telephoniert, und Dr.Deinsberger hätte seine Worte sehr wohl im Sinne seiner Aussagen bei Gericht und im Wiss. Ministerium missverstehen können, dass es sich nämlich um den endgültigen Prolactin-Wert handelte.
Erfolgreiches „Lücken-Urteil“ ohne Beweispflicht
Prof. Mittelmeier nannte den Vorhalt des Vorsatzes zur Schädigung des Patienten „eine böswillige Unterstellung“ von STA und Gerichten. Dabei konnte er jedoch nicht wissen, dass just diese Unterstellung es war, welche die Verurteilung möglich gemacht hatte: denn es gab keine Möglichkeit, einen Chirurgen wegen mangelnder Aufklärung strafrechtlich zu verurteilen. Deswegen musste im Revisionsprozess vorgeworfen werden, Prof. Auer habe den Patienten willentlich über eine alternative Behandlungsmöglichkeit nicht aufgeklärt, den Patienten also mit voller Absicht getäuscht, um operieren zu können – im Urteilstext schlägt sich diese juristische Finte in den Worten nieder: „… und wollte es so“. Der Plan einer strafrechtlichen Verurteilung, und die Umgehung der Blamage der Justiz durch eine weitere Verfahrenseinstellung, ließ sich also nur durch diese Unterstellung einer absichtlichen Täuschung des Patienten verwirklichen. Dabei hatte Prof. Auer in der Verhandlung wiederholt mitgeteilt, dass der Patient anlässlich seines Aufklärungsgesprächs unwirsch gewesen sei, weil er als Patient an der Neurolog. Klinik lange auf den Transfer zur Neurochirurgie habe warten müssen und nun endlich operiert werden wollte - also eine äußerst authentisch klingende Aussage dazu, dass ein solches Gespräch tatsächlich stattgefunden hatte und nicht von Prof. Auer und Dr. Deinsberger gemeinsam lügenhaft erfunden wurde.
Davon, dass sich von vornherein die Frage gestellt hätte, warum ein Patient, der schon von der Neurologie mit der Diagnose „Prolactinom“ an die Neurochirurgie kam, nicht gleich an der Neurologie mit Bromocriptine medikamentös behandelt wurde, war während des Prozesses erst gar keine Rede. Wenn nämlich diese Therapie allgemein bekannt und als Alternative zur Operation zwingend angeboten werden musste, stellt sich die Frage, warum dieses Angebot nicht schon von der Neurologie hätte gemacht werden müssen. Dies hätte zumindest dazu geführt, dass der Patient bereits informiert an die Neurochirurgie gekommen wäre und nicht unwirsch auf die endlich durchzuführende Operation gedrängt hätte.
Letztlich gelangen also doch die Verurteilung auf der Basis einer unbewiesenen, unterstellten mangelnden Patientenaufklärung trotz gegenteiliger Zeugenaussagen, das, was am Ende der “Affäre Auer” als juristische Rechtfertigung blieb.
Die Urteilsbegründung weist aus – noch deutlich verstärkt im Vergleich zur erster Urteilsschrift – dass jegliche Darstellung von Sachverhalt und Tatbestand, für die kein eindeutiger Beweis vorlag, gegen Prof. Auer eingesetzt wurde, auch wenn alternative Möglichkeiten bestanden, und dass sämtliche Äußerungen von Auer oder Zeugen, die für ihn sprachen, entweder als Lügen abgeurteilt, ignoriert oder in ihr logisches Gegenteil verkehrt wurden.
Dieses letzte Urteil wurde vom BGH als gültig anerkannt.
Die rechtskräftige Verurteilung war diesmal auch seitens des BGH fehlerhaft: denn im Revisionsurteil zum „Surgibone-Prozess“ war im Detail erläutert worden, dass im Strafprozess, anders als im Zivilprozess, eine Strafbarkeit des Arztes nur dann gegeben wäre, wenn der Patient im Fall der richtigen Aufklärung auf den Eingriff nicht eingewilligt hätte. Da der Patient jedoch verstorben war und nicht mehr darum befragt werden konnte, läge eine „hypothetische Nicht-Einwilligung“ vor. Im Strafrecht ist jedoch dem Arzt, anders als im Zivilrecht, die tatsächliche Weigerung des Patienten nachzuweisen. Die Verurteilung erfolgte jedoch mit dem Hinweis, das „der Angeklagte gröblich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten mißachtet hat“. Im Arztstrafrecht heißt es dazu: „Im Strafrecht führt die irrtumsbedingte Vorstellung vom Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes dagegen zu einem Erlaubnistatbestandsirrtum. Ein derartiger Erlaubnistatbestandsirrtum schließt den Vorsatz aus (§ 16 StGB analog), womit dann auch die Bestrafung wegen eines Vorsatzdeliktes entfällt.“ Dass dem BGH mit seiner Ablehnung vom 12.10.1995 einer dritten Revision dieser Verfahrensfehler unterlief, lässt sich nur schwer als „Irrtum“ erklären, hatten doch die Richter Steindorf, Tolksdorf und Kuffer am 20.7.1995 im „Surgibone“-Prozess die Verurteilung mit eben diesem Argument und unter Verweis auf die entsprechende Fachliteratur abgewiesen.
Überdies verkündete das Gericht in Wort und Schrift, alle Gutachter hätten darin übereingestimmt, dass der Patient ohne Operation seinen tatsächlichen Todestag mit Sicherheit überlebt hätte: denn dabei hatte es sich ursprünglich um einen weiteren Kritikpunkt des BGH gehandelt: dass nämlich die „mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ als Begründung nicht ausreiche. Nun hatten aber die Gutachter mitnichten einstimmig solchen Unsinn, der Patient hätte ohne Operation sicher überlebt, vertreten und auch gar nicht vertreten können: sie hatten ihn nicht vertreten, weil sie darauf hinwiesen und als breit anerkannte Erfahrungstatsache hinweisen hatten müssen, dass diese Tumoren auch zu spontanen Einblutungen neigen, die in der Folge tödlich enden können; und sie hatten ihn von vornherein nicht vertreten können, weil man dies von keinem Menschen behaupten kann, aber schon gar nicht von einem mit großem zentral sitzendem Hirntumor.
Schließlich und möglicherweise entscheidend ist auch folgende Erkenntnis: schon der dem Schreiben des Wiss. Ministeriums vom 29.05.1991 an die STA beigeheftete Durchschlag des Laborberichtsblattes vom 29.12.1990 aus dem Endokrinol. Labor wirft die Frage auf, ob nicht schon dort jenes „>“- Zeichen, dem im Urteil so große Bedeutung beigemessen steht, nachträglich eingesetzt wurde, nachdem Laborant Heugel ein Fehler unterlaufen gewesen war: denn die Schriftstärke dieses Zeichens unterscheidet sich sogar auf dieser Mehrfachkopie deutlich vom eigentlichen Laborwert. Auch wenn es sich letztlich herausgestellt hätte, dass dieser Unterschied belanglos war, so weist der Umstand dennoch darauf hin, dass es nicht um Aufklärung des Tatbestandes ging, sondern um die Sammlung plausibel wirkender Beschuldigungsinhalte gegen Prof. Auer. Immerhin verhielt es sich im Prozess betr. Aktenunterdrückung nicht anders: dort wurde Prof. Auer ohne weitere Nachprüfung „prima facie“ als einziger in Frage kommender Täter bezeichnet, obwohl eine Vielzahl anderer Personen in Frage gekommen wäre, das inkriminierte Ein-Blatt Dokument herauszunehmen und nach Anzeige wieder zurückzulegen (abgesehen davon, dass schon allein die Tatsache gegen solch abwegige Täterschaft von Prof. Auer sprach, als in der Beschuldigung davon die Rede ist, dass es ohnehin Kopien vom Original gab).
Im Urteilstext findet sich kein Wort darüber, dass Prof. Auer in dem Gebiet dieser Form von Tumoren und ihrer Behandlung wissenschaftlich besonders aktiv gewesen war, einen internationalen Kongress darüber abgehalten und in seiner Heimat- Universität Graz dafür eine Arbeitsgruppe zwischen Endokrinologie, Gynäkologie, Pathologie und Neurochirurgie geschaffen hatte, deren Ziel es war, nicht jeden Patienten zu operieren, sondern die Indikation für operative oder konservative Therapie im interdisziplinären Gespräch von verschiedenen Faktoren abhängig zu machen.
Desgleichen blieb die vorgeplante Vernichtungskampagne vollkommen unerwähnt, auch wenn die Fakultät und manch andere Institution Prof. Schnabel betr. seine Aussage bei Gericht zu einer sehr mitigierten Aussage bewogen hatten. Desgleichen fand kein Interesse, dass Prof. Auer nach den Daten der Metaforschung mit seinem wissenschaftlichen Profil unter den deutschen Neurochirurgen den Rangplatz 1 einnahm. Der Ordinarius für Neurochirurgie, Prof. Seeger, schrieb Herrn Auer anlässlich des letztendliche Urteilstextes, dass ihn „dieser Text an längst vergangen geglaubte Zeiten erinnert“ habe. Außerdem schrieb er dem Vorsitzenden der Fachgesellschaft, Prof. Herrmann: „Wir haben viermal dasselbe Muster erlebt: Neuer Chef, ältere Mitarbeiter, Generationskonflikte, Einschaltung der Presse … Angriffe gegen den Chef der Klinik, Einschaltung der Gerichte“.
Im Gegensatz zu all diesen Unterlassungen und Fehlern der Gerichte erhielten die beschuldigenden Ärzte in den Prozessen breiten Raum zur Selbstdarstellung und vor allem auch zur Verunglimpfung von Prof. Auer, der zum Gespött der Anwesenden lächerlich gemacht werden durfte: so durfte sich Dr. Caspar dort weiter hervortun mit Äußerungen wie „Don-Auer“, einem Spitznamen, den er Dr. Donauer gegeben hatte, solange er noch loyal zu Prof. Auer stand, bis man ihn letztlich zur Kooperation in der Revolte überzeugen konnte. Außerdem erntete er Lacherfolge anstatt Kritik, dass man sich im OP-Bereich über Prof. Auer mit dem Spitznamen „tutti frutti – Auer“ lustig machte: dabei bezog er sich auf eine damals populäre TV-Show, in der sich Teilnehmer schrittweise entkleiden mussten, wenn sie Fragen nicht beantworten konnten. Prof. Auer hatte nämlich gefordert, dass die Unsitte einzustellen war, dass sich OP-Schwestern mit langärmeligen Unterhemden in den Saal und zum OP-Tisch begaben, weil dadurch die erforderliche chirurgische Hände- und Unterarmreinigung unmöglich war – die ungewöhnlich hohe postoperative Infektionsrate war offensichtlich eine Folge insuffizienter Hygienemaßnahmen; Prof. Auer hatte deshalb den leitenden OP-Pfleger auf seine, Auers, private Kosten zu einer Weiterbildung an die Klinik von Prof. Samii gesandt.
Das Ende einer Berufskarriere
Während der 10 Jahre dauernden Prozesslawine wurde Prof. Auer zweimal suspendiert; diese Suspendierung wurde zweimal wieder aufgehoben (18.05.1991), zuletzt auf Anordnung des Bundesverwaltungsgerichts. Letztlich aber gelang dann doch der oben beschriebene juristische Schleichweg über unbewiesene Vermutungen und Behauptungen, die in der Urteilsschriften zu „Erkenntnissen des Gerichts“ wurden.
Der Skandal lebte vom Gerücht über Vorwürfe von Behandlungsfehlern in etwa 50 Fällen innerhalb eines halben Jahres sowie der Unterstellung von Aktenunterdrückung, Urkundenfälschung und Abrechnungsbetrug. Der Fall war monatelang auf Seite 1 der Regionalpresse präsent, ebenso in Fernseh-Talkshows. Daraus titrierte die Staatsanwaltschaft vier parallel geführte Strafprozesse. Der Abrechnungsbetrug erwies sich als tatsächlich gegeben - jedoch nur seitens von Verleumdern. Der Versuch der Aktenunterdrückung war von Justiz und Polizei per Hausdurchsuchung widerlegt. In beiden Fällen wurden die Verleumder bzw. tatsächlichen Abrechnungsbetrüger nicht weiter verfolgt. Im Fall der Urkundenfälschung wurde Prof. Auer in zweiter Instanz in Anwesenheit einer bitter enttäuschten Presse samt Fernsehwagen des ZDF freigesprochen.
Auch in den beiden Strafprozessen wegen des Vorwurfs von Behandlungsfehlern wurden die Urteile des saarländischen Oberlandesgerichts vom Bundesgerichtshof abgewiesen und das Saarland mit der Wiederbeschäftigung des unrechtmäßig suspendierten Prof. Auer beauftragt. Als die Staatsanwaltschaft einen der Strafanträge wieder aufgriff und erneut eine Verurteilung erwirkte, wies der Bundesgerichtshof die saarländische Justiz mit dem Verweis zurecht, dass sie nicht in der Lage sei, der Verurteilung substanziierte Straftaten zu unterlegen, und ordnete die endgültige Einstellung des Verfahrens ein.
Ein weiteres Zwischenspiel konnte den fatalen Verlauf nicht umlenken, als der Fall in der bundesweiten Presse als sensationelles Ergebnis neuer BGH-Rechtsprechung allgemein diskutiert wurde.
Doch das politische Interesse war bis dahin bereits in die Gegenrichtung fixiert, das Kabinett Lafontaine wieder ausreichend abgesichert, wenn es sich nur in der Lage sähe, der Bevölkerung zu demonstrieren, dass es aus eigener Initiative für Ordnung sorgen kann, indem es Prof. Auer als Bauernopfer entfernt. Davor hatte man, wie oben dargelegt, noch den Versuch unternommen, ihn mittels der Methode der Polit-Justiz loszuwerden.
Dementsprechend ignorierten die saarländische Regierung und ihre Justiz die Urteile der Bundesgerichte. Prof. Auer wurde nicht wieder in seinen Arbeitsbereich zurückgeführt. Stattdessen rollte man auch den letzten verlorenen Strafprozess erneut auf und brachte ihn mit Hilfe unbewiesener Beschuldigungen erfolgreich zu einem positiven Ende: nachdem sämtliche Vorwürfe von Behandlungsfehlern widerlegt waren, blieb der Vorwurf, Prof. Auer habe einen Patienten nicht ausreichend über die Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt. Dazu musste das Gericht sämtliche anderslautenden Zeugenaussagen als Lügen beiseitestellen, ärztliche Gutachten in ihr Gegenteil verkehren und die Ursachen für einen komplizierten Ablauf anstatt den Verursachern Prof. Auer zur Last legen. Diesem willkürlich auf falschen Behauptungen aufgebauten Urteil, zu dem das Gericht nicht anhand von Beweisen, sondern von sog. Erkenntnissen gekommen war, stimmte letztlich der Bundesgerichtshof nach fünfjährigem Prozessverlauf zu. Die Zustimmung war aufgrund einer Empfehlung des Generalbundesanwalts erfolgt, also der politischen Instanz. Prof. Auer war endlich rechtskräftig verurteilt, das politische Ziel erreicht.
Letztlich also erfolgte die Entlassung auf der Basis einer falschen Verurteilung in einem aus der Reihe von ca. 50 Behandlungsfehlervorwürfen, und dies auf der Basis der Unterstellung des Gerichts – entgegen allen Zeugenaussagen und Aussagen von Gutachtern betreffend die Plausibilität solcher Unterstellung angesichts der Anamnese und des Forschungsprofils von Prof. Auer, er habe einen Patienten nicht über die Möglichkeit einer Alternative zu der tatsächlich durchgeführten Operation aufgeklärt, also kurz wegen Aufklärungsmangels. Auf diesem Vorhalt basierte dann auch die Entlassung aus dem Dienst als Ordinarius für Neurochirurgie und damit die Entscheidung, seine Berufskarriere durch diese Verurteilung zu beenden.
Epilog
Es war, wie zuvor beschrieben, eine Falle, eine, aus der es kein Entrinnen gab, die man nur von vornherein vermeiden konnte: wäre die Berufungskommission Prof. Auer gegenüber offen und fair gewesen und hätte ihm mitgeteilt, dass sowohl die Mitarbeiter als auch Loew gegen ihn eingestellt waren, er hätte diesen Lehrstuhl wohl niemals näher ins Auge gefasst, oder anders, die Kommission hätte Auer nicht an die erste Stelle der Berufungsliste gesetzt. Hätte er sich später in der Situation dominanter und abwehrender verhalten und hätte zum Beispiel Loew wegen seines intrusiven Benehmens mit Anstellung der Chefsekretärin für seine privaten Zwecke und Fortsetzung der operativen Tätigkeit in Auers Abwesenheit Hausverbot erteilt, dann hätte Loew, der ja nun wegen seiner Niederlage im Berufungsverfahren die Fakultät ebenso zum Gegner hatte wie seine früheren Mitarbeiter, noch aggressiver mit ihnen zusammen gegen Auer agiert, als er dies in Ministerium und Landtag ohnehin tat. Geld für die Mitarbeiter war ein gescheiterter Versuch Auers, die Situation zu retten, denn er hatte noch im Dezember/Januar die ersten von den Versicherungen einlangenden Privatgebühren an sie verteilt. Aggressive Verteidigung war gescheitert, weil der Minister nicht interessiert war, die Inhalte des von Auer im Oktober verfassten Memorandums zur Disziplinierung der Ärzte zu verwenden; direkte Entlassungen waren nicht möglich, weil es sich durchwegs um pragmatisierte Dauerstellen handelte. Der direkte Rechtsweg war bereits versperrt, sobald die Ärzte im Oktober ihren Überraschungsabgriff am Weg über die Presse lanciert hatten, denn schlagartig war die öffentliche Meinung gegen ihn eingestellt; die Staatsanwaltschaft konnte aus ihrer politischen Position heraus ohnehin nicht interessiert sein. Rückzug auf allen Ebenen der Forderungen der Ärzte war wohl in niemandes Vorstellung eine Option, der Auers Curriculum kannte; allenfalls wäre ein fingierter Rückzug mit nachfolgender Attacke aus dem Hintergrund eine Möglichkeit gewesen – ebenfalls kein realistischer Plan, wenn man Auers Charakter bedenkt.
Schließlich, wenn man die besonders exponierte Lage Auers wegen seines Berufes als Chirurgen und seines weltweiten Bekanntheitsgrades in Beurteilungen und Erwägungen einbezieht, wird klar, dass die Falle zumindest beruflich tödlich war. Die Aggressivität der Staatsanwälte und Richter mit der Zielsetzung einer Gefängnisstrafe als besondere Genugtuung weist darauf hin, dass man auch gegen körperlichen Tod durch Selbstmord keine Einwände kannte, sondern nichts als abermals Genugtuung empfunden hätte.
[1]
Die Empfehlung war nach Angaben von RA Müller von Justizminister Walter gekommen, der evtl. Prozesse „ad infinitum“ hinausziehen und auch die bestehende „1. Suspendierung“ zu verlängern suchen wollte. Ordner 5, 1, Tagebuch 13.4.1991, Te. Mit RA Müller.
[2] Die Einstellung war allerdings mit dem Hinweis erfolgt, das sinngemäß schon als Anscheinsbeweis nur der Angeklagte als Täter in Frage komme – weitere Klärung bzw. einen Beweis hatte man sich gespart.